12. taxcellence club am 3. Februar 2022
Aktuelle Fragen zur Steuerbilanz und zur steuerlichen Gewinnermittlung
In der Spitze rund 90 Teilnehmer erlebten im Rahmen eines Online-Kompaktseminars eine spannende Expertenrunde über ausgewählte Fragestellungen zur Steuerbilanz und zur steuerlichen Gewinnermittlung. Für unser virtuelles Podium konnten wir wieder hochkarätige Persönlichkeiten gewinnen:
- Björn Büscher (Finanzministerium NRW)
- Dr. Philipp Hoffsümmer (Director Tax bei Aldi Nord)
- Dr. Christian Graw (Richter am Bundesfinanzhof)
Nach einer Einführung durch Moderator Prof. Dr. Joachim Schiffers (Grant Thornton Germany) wurde intensiv über ausgewählte Fragestellungen im Spannungsfeld von Handels- und Steuerbilanz diskutiert.
Breiten Raum nahm dabei die Bilanzierung digitaler Wirtschaftsgüter ein. Im Mittelpunkt der intensiven Diskussion stand das BMF-Schreiben vom 26. Februar 2021 zur geänderten Nutzungsdauer von EDV-Hardware- und Software. Dieses geht zurück auf einen Bund-Länder-Beschluss über weitere Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie und soll die Investition in digitale Wirtschaftsgüter fördern. Auch wenn das Schreiben nach Ansicht der Diskutanten attraktive Möglichkeiten für Unternehmen enthält, zeigte sich deutlich, dass es auch mit Zweifelsfragen behaftet ist. Dies betrifft zum einen den Aspekt der Rechtssicherheit. Auch wenn es der erklärte Wille der Bundesregierung war, eine untergesetzliche Regelung zu schaffen, sind die Finanzgerichte nicht an das Schreiben gebunden. Hier wurde die Gefahr gesehen, dass es das Schicksal des Sanierungserlasses erleiden könnte – und damit eine grundsätzlich als praxistauglich angesehene Regelung letztlich in Ermangelung einer gesetzlichen Grundlage für unwirksam erklärt wird. Kontrovers wurde außerdem erörtert, ob das BMF-Schreiben ein steuerliches Wahlrecht enthält. Herr Büscher verwies hier auf die Sichtweise der Finanzverwaltung, wonach das Schreiben als Angebot der Verwaltung an den Steuerpflichtigen aufzufassen ist, sich über die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer der Wirtschaftsgüter – die in jedem Falle eine Schätzung ist – in der Steuerbilanz zu verständigen. Hier blieb aber die Frage offen, ob der Steuerpflichtige für ein Wirtschaftsgut in der Steuerbilanz eine andere Schätzung ansetzen kann oder darf als in der Handelsbilanz – zumal das Institut der Wirtschaftsprüfer keine Relevanz des BMF-Schreibens für die Handelsbilanz sieht.
Offen blieb, ob das dargestellte BMF-Schreiben hinsichtlich digitaler Wirtschaftsgüter durch die im Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung vom 24. November 2021 vorgesehene „Superabschreibung“ für Digital- und Umweltschutzgüter für die Jahre 2022 und 2023 ersetzt werden wird. Die weitere Entwicklung bleibt abzuwarten.
Anschließend wurde lebhaft über weitere Fragestellungen und ausgewählte finanzgerichtliche Entscheidungen im thematischen Kontext der Steuerbilanz und der steuerlichen Gewinnermittlung diskutiert.
Fazit
„Wir haben eine angeregte Diskussion mit zahlreichen Chatbeiträgen erlebt. Das hat die besondere Praxisrelevanz der einzelnen Themen eindrucksvoll unterstrichen“ freut sich Prof. Dr. Joachim Schiffers und betont: „Auch ganz alltägliche Fragen wie die Bilanzierung und Abschreibung von Wirtschaftsgütern bergen Diskussionsstoff und Risiken in der Umsetzung. Wir haben die einzelnen Facetten aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchtet und dabei insbesondere auch Einblicke in die Sichtweise der Finanzverwaltung erhalten. Wir hoffen, dass wir Ihnen damit wertvolle Hinweise zum Umgang mit den aufgeworfenen Fragen in der Praxis geben konnten.“